System

Was ist ein System?

In der systemischen Beratung sowie der Aufstellungsarbeit bezieht sich der Begriff „System“ auf eine Menge von Elementen, die miteinander in einer solchen Beziehung stehen, dass sie eine Einheit bilden. Sie erfüllen dann gemeinsame Funktionen für das Gesamtsystem und differenzieren sich arbeitsteilig aus.

Der Begriff des Systems ist ein Konzept, das aus der Kybernetik und der Biologie abgeleitet ist und sehr hilfreich für das Verstehen und Beeinflussen von sozialen Gruppen, z.B. Familien, Paare, aber auch Teams oder ganze Organisationen, ist.

Sechs zentrale Merkmale von Systemen

  1. Grenze zur Umwelt
  2. Wechselwirkung zwischen den Elementen
  3. Selbstorganisation bzw. Autopoiese und Nicht-Instruierbarkeit
  4. Muster und Strukturen
  5. Systemebenen
  6. Umwelt

1. Grenze – Abgrenzung zur Umwelt

Soziale Systeme existieren in einer Umwelt, indem sie sich von dieser unterscheiden. Dazu bilden Sie Regeln der Zugehörigkeit aus. In Familien beispielsweise wird man hineingeboren (oder erlangt die Zugehörigkeit durch Elternschaft oder starke Bindungen), in Organisationen wird man per Vertrag aufgenommen. Auch das Immunsystem kann als System verstanden werden, das nur dann gut funktioniert, wenn es die Unterscheidung von Eigenen und Fremden klar und deutlich vollzieht. (Hier findest du eine Aufstellungsmethode, die diese Grenze und Unterscheidung stärkt.)

2. Wechselwirkungen

Ein zentrales Konzept von Systemen ist die Idee der Wechselwirkungen zwischen den Elementen eines Systems. Diese Wechselwirkungen können positiv oder negativ sein und beeinflussen die Stabilität und das Gleichgewicht des gesamten Systems. Das Denken in Wechselwirkungen oder zirkulärer Kausalität bzw. Feedbackschleifen ist z.B. auch aus >Watzlawicks Kommunikationstheorie allgemein bekannt. In einem System stehen letztlich alle Elemente mit allen in einer Wechselwirkung, was durch das Bild eines Mobilés gut veranschaulicht wird.

3. Selbstorganisation

Soziale Systeme haben eine Eigenlogik, d.h. sie bilden eigene Regeln und Bedeutungen aus. So finden sich in Familien oder in Paarbeziehungen eigene Gewohnheiten, Muster und sogar eigene Bedeutungsbelegungen von Worten und Erinnerungen.

Diese Bedeutungen und Muster bestätigen und verstärken oder verändern sich auch durch wiederholten Gebrauch, führen also eine Art Eigenlogik im System. (Luhmann sieht diese Kommunikationen sogar als die eigentlichen Elemente von Systemen an. Während einfachere Systembegriffe unter den Elementen die Personen verstehen.) Dies nennt man auch Autopoiese.

Dies hat zur Folge, dass soziale Systeme sich von außen, z.B. durch Aufforderungen oder Interventionen nicht gezielt steuern lassen, dass sie im Gegensatz zu Maschinen „Nicht-Instruierbar“ sind. Letztlich entscheidet das System aufgrund seiner Eigenlogik über seine Bedeutungsgebung und Reaktion auf eine Intervention.

4. Muster und Strukturen

Soziale Systeme bilden (Beziehungs-)Muster aus. Das sind regelmäßig sich wiederholende Interaktionen, die einem gleichen Ablauf folgen. Ebenso differenzieren sie sich in unterscheidbare Strukturen. Das können z.B. Subsysteme, also Teilsysteme innerhalb des Systems sein, die sich wiederum voneinander abgrenzen. Eltern und Kinder in einer Familie bilden beispielsweise zwei unterschiedliche Subsysteme, aber auch Teams in Organisationen.

Die Systemische Aufstellungsarbeit zielt darauf ab, verborgene Muster und Strukturen in einem System sichtbar zu machen. Dies geschieht durch die Anordnung von Repräsentanten im Raum, um die Positionen und Beziehungen der realen Elemente im System widerspiegeln.

5. Verschiedene Systemebenen

Systeme können auf verschiedenen Ebenen existieren, darunter Familien, Organisationen, Teams oder sogar größere soziale Kontexte. Jede Ebene hat ihre spezifischen Dynamiken und Strukturen, die in der Aufstellungsarbeit untersucht werden können. Und diese Systemebenen bilden für sich gegenseitig Umwelten, die ineinander verschachtelt sind oder wiederrum in Wechselwirkung stehen. So ist das Elternsysteme Teil eines Familiensystems und dies wiederum wird beeinflusst z.B. vom Schulsystem der Kinder und den Arbeitssystemen der Eltern.

6. Umwelt

Die Umwelt schließlich ist der größere, allgemeine Kontext, in dem ein System existiert. Auch mit dieser steht es in Wechselwirkung. Es kann sie in Teilen beeinflussen und gestalten, muss sich aber häufig schlicht anpassen. Systeme, die in hohem Maße anpassungsfähig sind, haben eine hohe >Resilienz und Vorteile in einer sich schnell verändernden Umwelt.

Anwendung in der Aufstellungsarbeit

Durch die Brille des Systembegriffs kann ein aufgestelltes System, der Ist-Stand, differenzierter betrachtet werden. Beispielsweise hilft es, auf Grenzen und Subsysteme zu achten, um mögliche Dynamiken durch Grenzverletzungen zu erkennen. Besonders hilfreich ist in diesem Zusammenhang auch das Wissen um gute Ordnungen von Systemen. So lassen sich leichter systemische Probleme erkennen, positive Veränderungen initiieren und die Funktionalität des gesamten Systems verbessern.

Allerdings ist die Betrachtung einer Aufstellung vor dem Hintergrund systemischer Begriffe, wie dem des Systems (oder auch der Ordnungen von Systemen), zwar hilfreich. Aber zu diesem analytischen Zugang kommt bei erfahrenen Ausstellerinnen ein anderer und für die klassische Aufstellungsarbeit wesentlicher Zugang hinzu: Die >phänomenologische Wahrnehmung, eine Art ganzheitlicher Wahrnehmung dessen, was sich in der Aufstellung ereignet oder zeigt. Dieser über das Erleben her gehende Zugang ist das, was die Aufstellungsarbeit so spannend und wirkungsvoll macht: Sie ermöglicht oft neue wesentliche Aspekte zu erkennen, wo der Verstand nicht weiterkommt.